Behandlung des Legens von Hauswasseranschlüssen

Sie wollen wissen, ob wir Ihnen weiterhelfen können?

Der BFH hat bereits mit Urteil vom 07.02.2018, XI R 17/17 entschieden, dass das Legen eines Hauswasseranschlusses auch dann als „Lieferung von Wasser“ anzusehen ist, wenn diese Leistung nicht vom Wasserversorgungsunternehmen erbracht wird, das das Wasser liefert. Das BMF hat daraufhin erst mit Schreiben vom 04.02.2021 entsprechend mit einer Übergangsfrist bis zum 31.12.2020 reagiert.

Das BMF Schreiben blieb in der Praxis weitgehend unbeachtet. Aufgrund der auftretenden Rückfragen hat das Bayerische Landesamt für Steuern erfreulicherweise ausführlich Stellung genommen, um die Fragen und Unsicherheiten zu klären.

Dabei hat das Bayerische Landesamt für Steuern eine Nichtbeanstandungsregelung bis zum 31.05.2021 aufgeführt.

Verfügungen des Bayerischen Landesamts für Steuern

S 7221.1.1-1/49 St33 vom 17.05.2021

Umsatzsteuer; Steuersatz für das Legen eines Hauswasseranschlusses

Aus der Praxis wurden nach Ergehen des BMF-Schreibens vom 4. Februar 2021 „BFH-Urteil vom 7. Februar 2018, XI R 17/17; Umsatzsteuerrechtliche Behandlung des Legens von Hauswasseranschlüssen“ Fragen an die bayerischen Finanzämter herangetragen.

Klarstellend ist bezogen auf die landesrechtliche Situation in Bayern Folgendes anzumerken:

  1. Erstellung und Unterhalt des Hausanschlusses durch den Wasserversorger (Kommunalregie)
    Der Wasserversorger wendet den ermäßigten Steuersatz an. Sofern der Wasserversorger im Innenverhältnis ein Bauunternehmen mit den Bauarbeiten beauftragt, so hat das Bauunternehmen gegenüber dem Wasserversorger den vollen Steuersatz anzuwenden.

  2. Erstellung des Hausanschlusses in Anliegerregie (Beauftragung des Bauunternehmens durch den Grundstückseigentümer)
    Das Bauunternehmen wendet den ermäßigten Steuersatz an.

  3. Die Kommunalregie bezieht sich nur auf den Bereich des öffentlichen Straßengrunds; der restliche Bereich wird in Anliegerregie erbracht
    Sowohl der Wasserversorger als auch das Bauunternehmen wenden den ermäßigten Steuersatz an.

  4. „Beauftragung“ des Bauunternehmens durch den Wasserversorger und Abrechnung zwischen Bauunternehmen und Grundstückseigentümer
    Das Bauunternehmen wendet den ermäßigten Steuersatz an.

  5. Erstellung des öffentlichen Wasserversorgungsnetzes durch ein Bauunternehmen im Auftrag eines Wasserversorgers
    Das Bauunternehmen wendet den vollen Steuersatz an. Gehört zum Auftragsumfang auch die Herstellung der Hausanschlüsse im öffentlichen Straßengrund, so liegt eine Nebenleistung vor, die ebenfalls mit dem vollen Steuersatz abzurechnen ist (es liegt insoweit eine bayerische Besonderheit vor, als Art 9 Absatz 1 KAG eine individuelle Abrechnung der Hausanschlusskosten im öffentlichen Straßengrund bei einer Kommunalregie nicht zulässt. Diese Teile der Hausanschlüsse müssen vom Wasserversorger mit hergestellt werden und dürfen nur über Beiträge und Gebühren refinanziert werden).

  6. Mehrspartenanschlüsse
    Typischerweise wird in Neubauten ein Mehrspartenanschluss gesetzt, d.h., dass lediglich eine Bohrung im Haus vorgenommen wird, in welche dann verschiedene Versorgungsleitungen gelegt werden.

    Gemeinsame Kosten (Tiefbauarbeiten) für einen Mehrspartenanschluss sind nicht nach Steuersätzen aufzuteilen. Vielmehr handelt es sich um eine einheitliche Leistung, die dem Regelsteuersatz unterliegt.

    Nach ständiger Rechtsprechung des BFH und des EuGHs kann sich eine einheitliche Leistung ergeben, wenn zwei oder mehrere Handlungen oder Einzelleistungen des Unternehmers für den Kunden so eng miteinander verbunden sind, dass sie objektiv einen einzigen untrennbaren wirtschaftlichen Vorgang bilden, dessen Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre (vgl. z. B. BFH-Urteil vom 13. Juni 2018 – XI R 2/16 - BStBl II S. 678 oder EuGH-Urteil vom 2. Juli 2020 – C-231/19).

    Entscheidend ist die Sicht des Durchschnittsverbrauchers (vgl. Abschnitt 3.10 Abs. 1 S. 3 UStAE). Danach ist die entscheidende Leistung der Einbau des Mehrspartenanschlusses und somit der Zugang zu sämtlichen Versorgungsleistungen. Eine Aufspaltung der einheitlichen komplexen Leistung „Verlegung eines Mehrspartenanschlusses“ wäre aus der Sicht des Durchschnittsverbrauchers wirklichkeitsfremd. Dem Verbraucher geht es gerade um die Verbindung der Leistungselemente, sodass auch der Umstand, dass die einzelnen Bestandteile im Wirtschaftsleben auch durchaus getrennt erbracht werden, keine Aufspaltung des Vorgangs rechtfertigt (vgl. Abschn. 3.10 Abs. 3 Satz 3 UStAE).

    Da das Legen des Hauswasseranschlusses nicht den (alleinigen) Hauptbestandteil der einheitlichen Gesamtleistung bildet, sondern die nicht begünstigten Leistungsbestandteile überwiegen (Anschluss für Strom, Telekommunikation und Gas), unterliegt die Gesamtleistung „Verlegung des Mehrspartenanschlusses“ als einheitliche komplexe Leistung dem allgemeinen Steuersatz.

  7. Nichtbeanstandungsregelung bezüglich Tz 1
    Aufgrund bislang anderslautender Äußerungen der Bayerischen Finanzverwaltung wird es nicht beanstandet, wenn das Bauunternehmen in einer vor dem 31. Mai 2021 ergangenen Abrechnung gegenüber dem Wasserversorger mit dem ermäßigen Steuersatz abgerechnet hat.

Weitere Artikel des Rundschreibens